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20.11.22
In Kaiserslautern gibt es wohl kaum einen 'Verein', der mehr Anerkennung genießt als 'Alt-Arm-Allein'.
Der gute Ruf verdankt sich vor allem der konkreten Arbeit gegen Altersarmut und Altersisolation. Dass der in Lautern zurecht sehr beliebte Norbert Thines lange Jahre erster Vorsitzender war und Hans-Joachim Redzimski für eine regelmäßige Berichterstattung in der Pfälzischen Volkszeitung sorgte, kam verstärkend hinzu.
Die Auftaktveranstaltung für die 26. Weihnachtsspendenkampagne fand am 20. 11. in der Apostelkirche statt. Verständlicherweise ging dabei der Blick auch zurück auf 25 Jahre erfolgreiche Vereinsgeschichte. 'Urgestein' Redzimski fragte allerdings, ob man mit Freude oder Beschämung auf die lange Geschichte blicken solle.
Der Kaiserslauterer Autor und diesjährige Gastredner Christian Baron erzählte von ähnlich widersprüchlichen Gefühlen: "Wie schön, dass es Alt-Arm-Allein immer noch gibt" habe er gedacht, als ihn die Einladung erreichte. Und gleich darauf: "Wie schrecklich, dass es das immer noch gegeben muss."
Auch bei Pfarrerin Susanne Wildberger, die als Gastgeberin die ersten Worte sprach, schienen diese gemischten Gefühle auf, als sie dem 'Jubilar' wünschte, möglichst bald völlig überflüssig zu werden.
Dass dies allerdings nicht bald zu erwarten sei, machte später OB Dr. Weichel sehr deutlich.
Alt-Arm-Allein hat in zahllosen Fällen sehr konkret und praktisch geholfen und bittet alle Lautrer um weitere finanzielle Unterstützung, um diese Arbeit fortführen zu können. Aber strukturell ist der Kampf gegen Altersarmut und Altersisolation in den letzten 25 Jahren kaum voran gekommen. Wer sich in diesem Feld persönlich engagiert, wird sich immer mal wieder fragen, ob er mit seinem Engagement nicht staatliche Defizite übertüncht.
Christian Baron forderte gegen Altersarmut sehr klar grundlegende Reformen, etwa am Rentensystem. Im Kampf gegen Altersisolation könne hingegen jede/r tätig werden. Beispielsweise habe es im ersten Corona-Lockdown eine breite Hilfsbereitschaft auch in Nachbarschaften gegeben, in denen vorher kaum jemand wusste, wer um ihn herum überhaupt wohnt. Das habe durchaus auch Altersisolation durchbrochen, zum Nutzen nicht nur alleinstehender alter Menschen, sondern auch ihrer neuen jüngeren Kontaktpersonen. Baron schlussfolgerte: "Es ist in unser aller Interesse, gut zueinander zu sein!"
Tobias Wiesemann ist jemand, der auch viel davon hält, dass sich Menschen in ihrem Umfeld engagieren. Aber er zeichnet auch nach, wieso sich Altersisolation ausbreitet:
"Die Lebensverhältnisse haben sich in vielen Familien verändert. Viele Menschen werden nicht mehr im Umfeld ihrer Kinder und Enkel, ihrer Neffen und Nichten oder ihrer Geschwister alt. Zum einen sind die Familien kleiner geworden, aber vor allem auch viel mobiler. Viele junge Leute verlassen ihre Heimatstadt, sei es wegen der Ausbildung, sei es, weil sie ihren Horizont erweitern wollen oder weil sich anderswo ein attraktiverer Arbeitsplatz finden lässt. Und viele von ihnen kommen auch später nicht mehr in ihren Heimatort zurück."
Die Vereinsamung sei dann ein schleichender Prozess: Auch Alleinstehende hätten mit beginnendem Ruhestand meist noch genügend soziale Kontakte und die anhaltende Teilnahme am sozialen Leben lasse keine allzu große Einsamkeit aufkommen. Aber dann stürben Freunde weg, die eigene körperliche Mobilität lasse nach, aber oft auch das Interesse an gesellschaftlichen Entwicklungen.
"Dann verlässt man die eigenen vier Wände nur noch selten. Wenn dann noch ein Armutsproblem hinzukommt, weil die Renten einfach nicht ausreichend sind und weil nie genug Geld da war, um eigene Rücklagen für das Alter zu bilden, schränkt das die Bewegungsfreiheit zusätzlich ein: Dann kann man halt nicht mal schnell mit einem Taxi zu einer Freundin fahren, wenn beide nicht direkt an einer Bushaltestelle wohnen.
Solche Menschen werden von der Gesellschaft schnell vergessen, weil sie in der Stadt nicht sichtbar sind. Denn sie verlassen ihre Wohnungen ja kaum.
Sie dürfen aber nicht vergessen werden und da hat die 'aufsuchende Hilfe' von Alt-Arm-Allein eine ganz wichtige Funktion für unsere Stadtgesellschaft, die ich sehr gerne unterstütze."
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