Erinnerungskultur

Am 9. Oktober traf ich Tobias Wiesemann auf einer Veranstaltung der 'Stolpersteininitiative'. Die Initiative arbeitet seit Jahren daran, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazi-Zeit dadurch lebendig zu halten, dass sie die Schicksale der Opfer aus Kaiserslautern erforscht und mit Einverständnis der Angehörigen ein kleines Metallplättchen mit den Daten der Opfer vor ihrem letzten bekannten Wohnsitz in Lautern montiert. Als 'Stolperstein' der zum Nachdenken aufrufen will.

09.11.22 –

Am 9. Oktober traf ich Tobias Wiesemann auf einer Veranstaltung der 'Stolpersteininitiative'.
Die Initiative arbeitet seit Jahren daran, die Erinnerung an die Verbrechen der Nazi-Zeit dadurch lebendig zu halten, dass sie die Schicksale der Opfer aus Kaiserslautern erforscht und mit Einverständnis der Angehörigen ein kleines Metallplättchen mit den Daten der Opfer vor ihrem letzten bekannten Wohnsitz in Lautern montiert. Als 'Stolperstein' der zum Nachdenken aufrufen will.

Von den OB-Kandidaten waren Beate Kimmel und Tobias Wiesemann dabei. Die anderen hielten das offensichtlich nicht für einen wichtigen Termin.
Mir fiel aber auch ein Unterschied zwischen Kimmel und Wiesemann auf: Frau Kimmel war genau so lange anwesend, wie der Reporter des SWR und der Fotograf der Rheinpfalz.
Wiesemann schob sein Fahrrad mit, bis die Stolpersteininitiative nach Stunden am letzten Verlegungsort Ecke Kloster- und Salzstraße die Veranstaltung auflöste. Ich hatte den Eindruck, dass es für ihn kein PR-Termin war, sondern ein persönliches Anliegen.

Genau einen Monat später, am 9. November traf ich ihn wieder bei einer Gedenkveranstaltung an dem Synagogen-Denkmal anlässlich des 9. November 38, heute 'Reichsprogromnacht' genannt, aber ich kann auch mit dem alten Nazi-Begriff 'Kristallnacht' leben, seit BAP diesen wunderbaren Song über die Kontinuität der Gesinnung jener Nacht veröffentlicht hat.

Auch bei dieser von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes veranstalteten Gedenkfeier hatte Wiesemann keine offizielle Rolle. Er hielt keine Rede oder was auch immer. Wieso verschwendet ein OB-Kandidat seine knappe Zeit für eine Veranstaltung, bei der er gar nicht 'glänzen' kann?

Ich sprach ihn an. Wiesemann sagte, er nehme seit Jahren an diesen Gedenktreffen am 9. November teil, "um die Erinnerung nicht schwach werden zu lassen. Damit wir uns nach wie vor erinnern, was damals Menschen Menschen angetan haben, was wir für eine Schuld in unserem Land auf uns geladen haben mit diesen unsäglichen Aktionen gegen unsere Mitmenschen."
Es sei ihm sehr wichtig, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen: "Es ist wichtig, an diese Verbrechen zu erinnern, denn wir wollen, dass derlei nie, nie wieder passiert."

Ich fragte ihn, ob in Lautern insgesamt genug für diese 'Erinnerungskultur' getan werde.
"Es passiert einiges, das ist gut, aber Luft nach oben ist in dem Terrain immer.
Mit dem Herrn Paul haben wir jemand, der sich hier dankenswerter Weise sehr, sehr bemüht, die Erinnerungskultur wach zu halten. Mit der Stolpersteininitiative haben wir eine Gruppe, die sehr stark agiert.
Aber das sind private Initiativen und ich denke, die könnten seitens der Verwaltung noch mehr in den Fokus genommen und unterstützt werden. Das fände ich gut!
Auch die Gestaltung unseres Denkmals hier könnte noch erweitert werden. Da wären moderne Komponenten gut, die das Thema vertiefen.
Jedenfalls setze ich mich schon jetzt im Stadtrat dafür ein, dass wir in Sachen 'Erinnerungskultur' noch bisschen vorankommen."

Ich sagte, dass ich sehr zustimme, dass durch die Erinnerungskultur verhindert werden solle, dass sich irgendwo in der Welt und erst recht in Deutschland wieder eine faschistische Schreckensherrschaft etabliert. Merkte aber an, dass es wohl nicht genüge, sich einmal pro Jahr an einem Denkmal zu treffen und darüber nachzudenken, es vielleicht noch ein bisschen technisch aufzurüsten. Ob denn in Lautern hier und heute genug gegen Antisemitismus, Rassismus und andere rechtsradikale Inhalte getan werde?

"Ich meine, es müsste ne klarere Kante gezeigt werden," sagte Wiesemann.

Wer müsste die zeigen?

"Zum Beispiel wir im Stadtrat natürlich. Da sind wir nun von der grünen Fraktion sehr klar, das würde ich mir von allen Fraktionen wünschen.
Die neue 'blaue Gefahr' für die Björn Höcke ein Sinnbild ist, aber die ja auch in unserem Stadtrat sitzt. Nichts gegen die Personen, die sich da engagieren, aber das Gedankengut, das da verbreitet wird, braucht einfach eine ganz klare Abgrenzung. Das Gedankengut ist undemokratisch und dass muss man immer wieder benennen.
Und an diesem 'Benennen' fehlt es manchmal doch. Manche sagen halt, 'haben sie nicht doch ein bisschen recht?' Und da muss man halt ganz klar sagen: Nein, haben sie nicht!
Dieser Weg des Gegeneinanders, des Spaltens, das ist ganz klar kein demokratischer Weg, das ist ein faschistischer Weg! Dieses Recht des Stärkeren, das da immer postuliert wird, das ist ganz klar eine faschistische Idee und das sollten wir immer benennen und uns als Demokraten ganz klar davon abgrenzen.
Und das passiert nicht immer und überall in der nötigen Konsequenz. Leider!"

Bi, 10. 11. 22

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