Marathon auf der Zielgrade – Gastbeitrag eines Wählers

06.02.23 –

Im Audimax der RPTU Kaiserslautern fand am 6. 2. die achte Podiumsdiskussion der OB-Kandidat:innen statt. Es war dann auch die letzte vor dem Wahltag. Nicht alle Kandidierenden waren vorher immer dabei: Frau Welch-Schied sagte krankheitsbedingt bei einigen Diskussionen ab, die Kandidaten Rocholl und Karanikas waren bis Weihnachten noch gar nicht als Kandidaten zugelassen. Aber die 'Big Four', wie sie der Bürgeraktivist Michael Fetzer nannte, Kimmel, Wiesemann, Pfeiffer und Kürwitz waren immer dabei.

Aus meiner Sicht als Wähler bedeutet dies, dass diesmal das Interesse an der Wahl hoch ist. Das vermuteten auch die jeweiligen Veranstalter dieser Diskussionen und bislang hatten sie Recht. Die Veranstaltungen waren immer gut besucht, manchmal überfüllt.
Das Audimax war allerdings nicht voll besetzt. Haben die Studierenden weniger Interesse an der Wahl oder sind einfach zu viele gar nicht in Kaiserslautern wahlberechtigt oder fühlt man sich mittlerweile gut genug informiert? Vermutlich trägt das alles bei. Man trifft auch immer mehr Menschen, die schon per Briefwahl angestimmt haben.

Es bedeutet für mich aber auch, dass sich das rechts-populistische Narrativ, dass sich die Kandidaten nur einen gutbezahlten Job sichern wollten, um dann an schließend auf Kosten der Bürger doch nichts zu leisten, als hinterhältiger Unsinn entlarvt:
So ein Wahlkampf ist wirklich harte Arbeit. Sich das zuzumuten, erfordert Herzblut für und Liebe zur Stadt! Vor allem bei den Kandidierenden, die nicht als Favoriten gehandelt werden, also selbst wissen, dass sie wahrscheinlich nach geschlagener Schlacht in ihrem alten Beruf bleiben und nun aufarbeiten müssen, was alles während des Wahlkampfes liegengeblieben ist.

Und um das auch zu unterstreichen: Für OB-Wahlen gibt es keine staatliche Wahlkampfkostenerstattung! Ein Kandidat verdient an seinem Einsatz nichts. Okay, für den einen oder die andere mag es ein Höhepunkt im Leben sein, von der Rheinpfalz in der Fruchthalle vor 500 Leuten befragt zu werden, die 'Five Minutes of Fame' von denen Warhol sprach, aber finanziell bringt es nichts. Wer kandidiert, mag von Parteien unterstützt werden – mit welchen Summen konnte man am 4. Februar in der Rheinpfalz lesen, darüber hinaus von Spendern, aber 'unsere' Steuergelder fließen nicht in die Kampagnen.

Als Bürger wundere ich mich allerdings schon über die Summen, die dabei über den Tisch gehen: Tobias Wiesemann ist begeistert, dass von den 20. 000 € seines Wahlkampfetats 13.000 € aus Spenden stammen. So viel brauche er aber gar nicht, weshalb er aus den Spenden noch eine Kunstaktion finanziert hat .

Thomas Kürwitz setzt hingegen 80.000 € ein, davon angeblich 15.000 € aus eigenen Ersparnissen, je 10.000 € von FDP und FWG. 45.000 € kämen von ungenannten 'Spendern', die diesen Lehrer aus Konz, der vor einem halben Jahr in Lautern noch völlig unbekannt war, nun unbedingt als Lautrer Stadtoberhaupt sehen wollen. Da frage ich mich doch 'warum?' Zugegeben: In Podiumsdiskussionen sagt Kürwitz keinen Unsinn, in zielgruppenspezifischen Gesprächen ist er gut darauf vorbereitet zu sagen, was seine jeweiligen Gesprächspartner gerne hören wollen. Aber 45.000 €?

Ich wundere mich aber nicht nur über manches, ich bewundere bei den Podiumsdiskussionen mittlerweile auch die Geduld der Kandidierenden. Denn es gibt nun mal Themen wie 'bezahlbarer Wohnraum', 'Situation der Kitas und Schulen', 'Lautern im Klimawandel' und ein paar weitere, die von den Bürger:innen für wichtig gehalten werden und daher in jeder Podiumsdiskussion eine Rolle spielen. Jede/r der 'Big Four' kann vermutlich mittlerweile den Text aller Konkurrent:innen mitsprechen. Das ergäbe eigentlich einen wunderbaren Test der Fähigkeit der Kandidierenden, sich in die Positionen von Anderen einzudenken. Alle schreiben sich ja diese Fähigkeit zu, die so wichtig sei, um die Spaltung der Gesellschaft einzudämmen und auch um breite Zustimmung für ihre Vorhaben zu schaffen.

Meine Idee für die nächste Podiumsdiskussion, die nun allerdings nicht mehr stattfindet, wäre daher:
Podiumsdiskussion in vertauschten Rollen: "Unsere nächste Frage lautet, 'wie möchten Sie mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen?' Bitte beginnen Sie, Frau Kimmel, und stellen Sie in zwei Minuten dar, wie es Tobias Wiesemann machen will. Danach hat Herr Wiesemann die Gelegenheit in einer Minute – bitte überziehen Sie nicht! - etwas zu korrigieren, bevor er uns dann erklärt, wie Frau Pfeiffer das Problem angehen will." Und so immer weiter reihum. Nach der achten Podiumsdiskussion dürfte es wenig Korrekturbedarf geben!

Aber Spaß beiseite: Es mag der Stadt ja nützen, wenn die Kandidierenden sich durch dieses Diskussionsmarathon besser kennengelernt haben: Der von AfD, FDP und FWG gewünschte Schulleiter aus Konz wird nach der verlorenen Wahl vermutlich wieder nach Konz entschwinden. Aber Wiesemann, Kimmel und Pfeiffer werden auch nach der OB-Wahl weiterhin wichtige Positionen in der Stadtpolitik innehaben, egal wer von ihnen OB wird. Da kann es vielleicht nützen, wenn sie in den letzten Monaten nicht nur ihre gegenseitigen politischen Position besser kennengelernt, sondern auch das schreckliche Schicksal geteilt haben, schon wieder zusammen auf einem Podium zu sitzen und auf die immer gleichen Fragen die immer gleichen Antworten geben zu müssen.

'Und täglich grüßt das Murmeltier' heißt ein beliebter Film über einen Menschen, der in einer sich täglich wiederholenden Zeitschleife festhängt. Vielleicht hat sich die eine Kandidatin oder der andere Kandidat in den letzten Wochen wie in dem Film gefühlt. Aber keine Sorge: Der Film hat ein Happyend! Und das naht nun auch in Lautern!

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